Myrtax - Blutlinienvereinigung

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28. Lirthak 7345 Vierte Ära NL

Kurz nach Sonnenuntergang

Myrtax

 

 

Vorsichtig zog Myrtax die Lederstreifen fest, die seinen Schutz über dem nun fehlenden kleinen Finger an der rechten Hand befestigten und an Ort und Stelle halten sollten. Er zischte, als der Stoff, den er zuerst hineingesteckt hatte, über die Kruste rieb, aber wenigstens sah es jetzt nicht mehr ganz so schlimm aus. Fast, als wäre es gewollt, dass er so aussah.

Er kleidete sich rasch in seine Festtagskleidung. Er trug eine schwarze Hose, dazu eine schwarze Weste über einem blütenweißen Hemd und eine schmale Kette, die von einem Knopf der Weste zu der schmalen Tasche reichte. An der Kette war nichts befestigt, sie war zur puren Dekoration vorhanden.

Myrtax schlüpfte in die ebenfalls schwarzen Schuhe, die man ihm gestellt hatte. Die Festtagskleidung war nicht gut, sie war aus kratziger Baumwolle gefertigt, unglaublich warm, kniff und zwickte an mehreren unangenehmen Stellen. Leider bekam er keine andere Kleidung, sodass er mit dieser Garderobe vorlieb nehmen musste.

Die Vorbereitungen für die Hochzeit zwischen Jilal und Marseille waren bereits im vollen Gange. Man hatte Myrtax den Weg beschrieben, ihm aber noch nicht den Weg gezeigt. Eigentlich war es sogar recht einfach und Myrtax würde den anderen Vampiren folgen, die hier zu Gast waren.

Er war den Gästen vielfach aus dem Weg gegangen, hatte aber bei einer seiner Besorgungen für seinen Herrn Jilal gesehen, wie sich Marseille mit einer Vampirin unterhalten hatte, die ihm unbekannt war. Sie hatte schwarze Haare und tiefbraune Augen mit dunklen Sprenkeln darin, war für eine Vampirin erstaunlich hoch gewachsen, und ihr Blick sagte ihm viel zu viel, sodass er rasch weiterlief. Angeblich gehörte sie zu den Abbaturi, aber das war Myrtax noch nicht bestätigt worden. Der ebenfalls hochgewachsene Vampir mit den gewellten, schulterlangen Haaren warf Myrtax einen eisigen Blick aus dunkelgrünen Augen zu.

Hoffentlich war es nicht mehr so warm. Der Herbst war nicht gerade gütig zu ihnen gewesen, wobei die Vampire nicht die Probleme hatten wie Menschen, da sie nur in der Nacht aktiv waren. Dennoch schwitzten sie und manchmal hatte Myrtax ein Eisbad für seinen Herrn und seine nun bald Ehefrau vorbereitet, was ihnen sehr gefallen hatte.

Myrtax schwitzte bereits, trank noch den Rest Wasser aus seinem Becher und machte sich dann auf den Weg hinunter. Die ersten Diener und einige Sklaven, erkennbar an den Halsbändern, machten sich ebenfalls auf den Weg. Myrtax reihte sich hinter ihnen ein und sah wieder diese kleine Vampirin mit den schwarzen glänzenden Haaren, die sich Goldkettchen in die Haare geflochten hatte. Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu, ihr Lächeln sprach Bände, die er allerdings nicht verstand. Ihr Eckzahn schaute heraus, bevor sie schneller ging und dabei andere Gäste überholte.

Der Weg führte Myrtax unter den großen Bäumen in leichten Kurven entlang, vorbei an den dicken Stämmen. Blätter säumten den Weg, welcher vorher gefegt worden war, aber der Herbst hatte noch einige Blätter an den Bäumen gelassen, sodass einige wieder herabsegelten.

Vorbei ging es an bewohnten Bäumen und Lagerhäusern, die sich in die Schatten schmiegten. In einigen brannte noch Licht, wo sich Vampire noch nicht auf den Weg zum Tempel gemacht hatten.

Myrtax fragte sich, wie so eine Hochzeit zwischen Vampiren ablaufen würde. Bisher hatte er noch nie eine Hochzeit gesehen oder ihr beigewohnt. Unter den Menschen wurde selten geheiratet und es war noch seltener, dass ein Vampir einen Menschen heiratete. Die adligen Vampire heirateten zwar, aber da ihr Leben nach Jahrtausenden maß, würde Myrtax es wohl kaum miterleben können. Aber die Heirat eines adligen Vampirs und einer hochrangigen niederen Vampirin war sicher sehr ähnlich.

Der Sklave drehte sich um und fuhr sich grummelnd um den Hals. Schweiß sammelte sich bereits unter seinem Sklavenhalsband und rieb unangenehm über seine Haut. Er hätte sich wohl ein Tuch darunterklemmen müssen.

Hinter ihm flanierten weitere Vampire über den Weg, sogar die Vampirfrau mit dem angeketteten Sklaven kam hinterdrein.

Irgendwann konnte Myrtax Licht sehen, welches durch die Bäume schien. Der Weg selbst war zwar mit Laternen bestückt, aber sie verbreiteten nur ein sanftes Dämmerlicht, welches für die Vampire wohl ausreichte, aber nicht für menschliche Sklaven. Aber wer bedachte schon menschliche Sklaven in seinen Planungen für Vampire?

Das Licht war nicht besonders hell, unterschied sich aber in seiner Farbe von den Laternen. Es war fast weiß und ähnelte der Sonne an einem kalten Frühlingsmorgen, allerdings schien es nicht von Fackeln auszugehen, denn es bewegte sich nicht, sondern blieb an Ort und Stelle und war immer gleichbleibend hell.

Dann sah Myrtax den Tempel der Infernalé das erste Mal. Es war eine große Kuppel, geformt aus hunderten von Bäumen. Sie standen dicht an dicht und neigten irgendwann - Myrtax schätzte die Höhe auf zwanzig Meter - die Wipfel Richtung Tempelmitte, wo sie sich verbanden. Vermutlich sah es im Sommer sehr schön aus, nun war es nur ein kahles Gehölz.

Das Licht strahlte von einem sternförmigen Kristall aus, der über dem ovalen Eingang hing und ebenjenes Licht ausstrahlte. Äste hatten sich um den Kristall geschlungen, hielten ihn über dem ovalen Tor.

An den Seiten des Tempels hatten sich niedere Vampire, Diener und Sklaven eingefunden und all jene, die keine explizite Einladung zu der Hochzeit erhalten hatten. Irritierte und zumeist wütende Blicke trafen Myrtax, da er wie die Gäste über den Weg in den Tempel ging. Wachen standen Spalier, hielten die Zuschauer auf Abstand.

"Myrtax." Jemand sprach ihn an und es war eine der Dienerinnen, die bei der Niederkunft von Huria dabei gewesen waren. Sie winkte ihm. "Dort drüben versammeln wir uns, hinter den Adligen."

Ihre Stimme war leise, sodass niemand sie hörte außer Myrtax. Sie deutete auf einen Bereich in dem runden Raum, der mit einem feinen roten Faden gekennzeichnet war, den Myrtax niemals gesehen hätte, wenn sie es ihm nicht gezeigt hätte.

"Danke.", murmelte er, sie nickte ihm nur zu, verschwand zwischen den anderen Vampiren und Dienern.

Erst, als sich der Sklave in den Bereich gestellt hatte, schaute er sich um. Der Tempel war kreisrund und besaß nur drei Türen. Der Eingang war eine davon und es zweigten genau gegenüber zwei Gänge ab, die gerade noch verschlossen waren. In der Mitte befand sich der rechteckige Altar, der hier aus einem festen Stein gehauen war. Myrtax tippte auf Marmor.

Auf dem leicht erhöht stehenden Altar befanden sich zwei Silberkelche, welche eine ebenso silbrige Schale flankierten. Ein genauso silbriges Messer lag vor der Schale. Eine Art Ritualschüssel aus Bronze stand auf dem Altar, ragte über die rituellen Gegenstände hinaus. Aus dieser großen Schüssel dampfte es, wobei Myrtax nicht sehen konnte, was genau dort erhitzt wurde. Und vor allem nicht wie.

Es gab keine Sitzgelegenheiten, nicht einmal für die Adligen. Jeder musste stehen, denn in der Gegenwart der heiligen Messe und der beiden Infernalé geziemte es sich nicht, auf dem Boden, Stühlen oder Sesseln zu sitzen. Jedenfalls, soweit Myrtax wusste. Dies war seine erste Vampir-Hochzeit.

Der Sklave streckte sich etwas, um besser sehen zu können, aber mehr als Köpfe und Haare sah er nun auch nicht. Immer mehr Vampire kamen herein, einige von ihnen waren Diener oder Sklaven, die meisten waren aber Adlige oder Freunde der Familie Lachlidan, wobei auch die fast immer Adlige waren.

Langsam versiegte der Strom der Gäste und es wurde warm im Tempel, trotz der hohen Decke, die von den Bäumen gebildet wurde.

Als letztes betraten die beiden Hohepriester, die Myrtax bereits vor einigen Tagen gesehen hatte, den großen Raum. Beide trugen dunkelblaue Roben mit einem tiefen V-Ausschnitt, der ihren Busen und seine Brustmuskeln zeigte. Beide trugen eine silberne Kette mit einem Rubin als Schmuckstein, welcher ihnen als Anhänger auf dem Brustbein lag. Sie betraten den Tempel aus dem gegenüberliegenden Gang, wo Myrtax die Gemächer von ihnen vermutete. Drei Priester in schwarzen Roben kamen aus dem anderen Gang, was seine Vermutung noch bestätigte.

Alle drei Tempelpriester trugen schwarze Schleier, zu welchem Zweck, wusste Myrtax nicht. Einer hatte ein Tuch über die ausgestreckten Arme gelegt, die anderen beiden trugen nichts in den Händen.

Irgendwo begannen Musikanten auf Flöten zu spielen. Myrtax konnte sie nicht finden, aber die Musik ging ihm durch Mark und Bein: kalt und grausam wie die Vampire selbst, dabei seltsam schön. Er wusste nicht, ob er lieber schreiend weglaufen oder sich hinsetzen und die Musik genießen wollte.

In dem Moment wurde Jilal von seinen Eltern hereingeführt. Die Narben in seinem Gesicht waren durch Schminke kaschiert worden und er trug einen traumhaften Anzug in Rot und Gold, dessen Mantel bis fast auf den Boden reichte. Offenbar eine Maßanfertigung für diesen Anlass. Myrtax hätte den Stoff gerne für sich selbst gehabt, denn er wusste, dass der Anzug nach der Hochzeit wahrscheinlich nie wieder getragen werden würde, außer vielleicht zu denkwürdigen Hochzeitstagen.

Begleitet wurde er von seinen Eltern; Simar ging auf seiner linken Seite, seine Mutter Rovinna auf der rechten Seite. Der Vater trug einen schmucklosen, roten Anzug mit schwarzen Nähten, die Mutter ein golden schimmerndes Kleid ohne viel Haut.

"Oh.", machte Myrtax, als er bemerkte, dass der Anzug von Jilal eine Verbindung zwischen den Eltern herstellen sollte. War das immer so? Oder war es nur, weil die Eltern dies so wünschten?

"Machen sie das immer so?", fragte die Dienerin leise neben ihm. Myrtax zuckte nur mit den Achseln, auch er wusste es nicht.

Die Eltern von Jilal ließen ihn auf der linken Seite des Altars stehen, direkt unter den wachsamen Augen der beiden Hohepriester. Der Bräutigam drehte sich halb um, sodass er auf den Eingang des Tempels schauen konnte.

Die Flötenspieler änderten ihr Lied und dies schien ein Zeichen gewesen zu sein, denn nun wurde auch Marseille hereingeführt. Die Lachlidan hatten hier auch wenig Kosten gescheut, denn soweit Myrtax sagen konnte, bestand ihr Kleid aus silbergrauer Seide. Kleine Perlen waren an den Ärmeln angebracht worden und sie trug auf dem Kopf einen Schleier, der allerdings eher Zierde war, denn ihr Gesicht war gut zu sehen.

Generell war die Frau gut zu sehen. Die Seide war recht durchsichtig und zeigte mehr, als sie verbarg. Ein weniger transparentes Band aus Seide war um ihren Hals gelegt worden, welches ihren Busen verdeckte und zwischen ihren Beinen verschwand; das Gegenlicht der Leuchtkristalle zeichnete darüber hinaus klar die Silhoutte ihres Körpers für alle Augen sichtbar nach.

Myrtax hatte nun endgültig Mitleid mit der Frau. Was immer sie ihm angetan hatte, war nichts im Vergleich zu den Demütigungen, die ihr nun von den Lachlidan beigebracht wurden. Eigentlich hätte sie auch gar nichts anhaben können. Er sparte sich sicherheitshalber jeden Kommentar; wer wusste schon, wer mithörte und ihn anschwärzen würde.

Marseille wurde von einem Vampir hereingebracht, den Myrtax nicht kannte. Er vermutete einen entfernten Verwandten oder einen Angestellten der Lachlidan, da er die Eltern immer noch als Druckmittel in Gewahrsam vermutete.

Der fremde Vampir ließ Marseille auf der rechten Seite des Altars stehen, bevor er sich auf die gleiche Höhe wie Jilals Eltern begab, nur eben auf der rechten Altarseite. Für Myrtax sah die Frau ungemein unglücklich aus.

Das leise Gemurmel der Vampire erstarb nun völlig. Die beiden Hohepriester hoben kurz ihre Hände, als würden sie um Ruhe bitten wollen. Dann sprach der Mann, dessen Namen Myrtax nicht kannte.

"Wir haben uns heute hier versammelt, um diesen beiden Seelen den blutigen Weg in die warme Obhut der Infernalé zu geben.

Dies ist ein Bund für die Ewigkeit und wird vor aller Augen bezeugt. Daher fragen wir, hat jemand etwas dagegen, dass Jilal Lachlidan, Sohn von Rovinna und Simar Lachlidan, Erbe des Clans der Lachlidan, diesen Bund im Beisein der Infernalé eingeht und die ihm angetraute Marseille zu seiner Frau nimmt?"

Myrtax schaute sich um, aber niemand hob die Hand, machte eine Bewegung. Die Vampire und Diener schauten nur, was passierte. Der Sklave vermutete auch, selbst wenn jemand Einwände gehabt hätte, so würden sie aus Angst vor den Lachlidan - besonders vor Rovinna - lieber schweigen.

Nun sprach die Hohepriesterin, schaute aufmerksam in  die Runde.

"Dies ist ein Bund für die Ewigkeit und wird vor aller Augen bezeugt. Daher fragen wir, hat jemand etwas dagegen, dass Marseille Latere, Tochter von Imare und Patre, Dienerin im Dienste der Lachlidan, diesen Bund im Beisein der Infernalé eingeht und den ihr angetrauten Jilal zu ihrem Mann nimmt?"

Kurz sah es so aus, als würde Marseille fliehen wollen, ihr Körper zuckte kurz, jedenfalls erschien es Myrtax so. Aber als sich niemand rührte, war auch diese Gelegenheit verflogen.

Wieder sprach der Hohepriester und auf einen Wink wurde ihm die dampfende Silberschale vom Altar gereicht. "Ohne Einwände und Hindernisse beginnen wir nun die Zeremonie."

Der Tempelpriester reichte Jilal das silberne Opfermesser vom Altar.

"Bitte bietet den Infernalé nun euer Blut dar, sodass sie entscheiden mögen, ob ihr einander würdig seid, unter ihren Augen den blutigen Bund der Ehe einzugehen. - Jilal, würdet Ihr Eurer Angetrauten helfen?"

"Selbverständlich.", sagte der Vampir mit einem beinahe grausamen Lächeln, strich Marseille aber erstaunlich sanft den Ärmel hoch und brachte ihr einen kleinen Schnitt am Handballen bei. Auch sie schien überrascht zu sein, denn sie schaute ihn nur entgeistert an.

Blut rann über ihre Hand und sie ließ es in die Silberschale tropfen. Der freie Diener band rasch ein schwarzes Tuch um ihre Hand und die Wunde.

"Marseille, bitte helft nun Eurem Angetrauten mit der Opfergabe.", sprach die Hohepriesterin. Myrtax verstand nun, wie die Aufteilung war: der Hohepriester sprach mit dem Mann und übernahm die Einleitung, die Hohepriesterin sprach mit der Frau. Ob sie auch die Zeremonie beendete?

Marseille bekam das silberne Messer gereicht und brachte auch Jilal am Handballen eine kleine Wunde bei, aus der er sein Blut in die immer noch dampfende silberne Opferschale tropfen ließ.

Einige Herzschläge passierte nichts. Der Hohepriester hielt die Opferschale in den Händen, der letzte Tempelpriester brachte bereits die silbernen Kelche auf dem Tablett.

Gerade als sich Unruhe breit machte unter den adligen Vampiren, fauchte es aus der Schale heraus und eine rote Stichflamme rauschte in die Höhe. Ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Runde, der Hohepriester goss das brennende Blut in die Silberkelche, wo die Flammen erstarben.

"Nun trinkt, auf dass sich euer Blut vermische und bis in alle Ewigkeit das eure sein möge.", sprach der Hohepriester, reichte je einen der Silberkelche an Marseille und Jilal. Marseille zögerte einige Herzschläge, aber unter dem stechenden Blick von Rovinna hob sie den Kelch an die Lippen und beide tranken.

"Damit ist es vollbracht!", rief die Hohepriesterin, nahm ihnen die Kelche ab, hob die Hände. "Wir danken den Infernalé für ihre Güte und ihren Segen. Geleitet das neue Paar hinaus in die Welt voller Glück, Wohlstand und Liebe, möge neues Blut ihnen entspringen!"

Damit war die Zeremonie erstaunlich unspektakulär vorbei. Die Vampire begannen zu klatschen, Jilal nahm seine neue Frau an der Hand und nahm den Weg hinaus in die Nacht, gefolgt von dem unbekannten Vampir und seinen Eltern. Rovinna erblickte Myrtax und machte eine Handbewegung. Geschwind löste er sich aus dem Pulk der Diener und schloss sich ihnen vor dem Tempel an. Was hatte er denn nun zu tun? Hoffentlich musste er nicht bei der Hochzeitsnacht dabei sein; es war schon peinlich genug, dass er in vorherigen Nächten Dinge mitangesehen hatte.

"Sorge dafür, dass sie nicht gestört werden.", murmelte Rovinna ihm zu, ihr eiskalter Blick streifte ihn nur kurz. "Erfülle ihre Wünsche. Und berichte uns, dieses Mal wirklich."

"Ja, Herrin." Myrtax verneigte sich im Gehen, was sich als schwieriger gestaltete als erwartet. Er folgte dem Brautpaar in den großen Baum bis hinauf in das nun gemeinsame Gemach von Jilal und Marseille. Die Eltern verabschiedeten sich nicht, waren einfach verschwunden, als sich die Tür schloss.

"Zieh sie aus.", kam die harte Anweisung von Jilal. Myrtax schaute sich um und war verwundert, dass er angesprochen worden war.

"Ich, Herr?" Die Frage kam sicherheitshalber. "Wollt...wäre es nicht Eure Aufgabe?"

"Ich sehe zu." Der Vampir entledigte sich erstaunlich schnell seines Anzugs und setzte sich schamlos und nackt auf das Fußende des Bettes. Myrtax schluckte, stellte sich vor Marseille, begann sie etwas umständlich aus dem Kleid zu schälen. Die Frau rührte sich nicht, auch nicht, als er ihren Brustkorb freilegte und ihr aus dem Kleid half.

"Es tut mir leid.", flüsterte er in einem Anflug von Mitleid der Frau gegenüber. Und als Eingebung, quasi, um ihre Demütigung auch aus seiner Richtung zu vervollständigen: "Ich verzeihe dir, was du mir angetan hast."

Die runden, braunen Augen der Frau weiteten sich ein kleines Stück, da beugte sich Myrtax herab und nahm das Kleid vom Boden auf, legte es behutsam auf eine Truhe.

"Verschwinde. Ich brauche dich erst morgen wieder.", befahl Jilal ihm mit einer scharfen Handbewegung, halb von der nackten Marseille verdeckt. Myrtax verbeugte sich und verließ rasch das Zimmer. Was nun folgte, wollte er weder sehen noch hören.

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